.comment-link {margin-left:.6em;}

Frog Blog

25.10.06, 20:33 Uhr

Erinnerungsblitz

Mich fragen derzeit viele, ob ich mich denn schon wieder eingelebt hätte, in Deutschland, ob ich Frankreich vermisste. Nun, ja, ich denke schon gerne an Paris zurück, an die schönen Gebäude, an die Dinge, die ich erlebt habe, an das Flair und an die Seine. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich Probleme hatte, mich wieder an meinen Alltag in Bielefeld zu gewöhnen.

Heute sah ich aber im Park vor der Uni eine Frau mit gebeugtem Oberkörper und einem leicht vorgestreckten Arm auf der Wiese stehen und für den Bruchteil einer Sekunde schoss mir „Boule!” durch den Kopf. Aber dann fiel mir wieder ein, dass die Parks hier bei schönem Wetter ja gar nicht von boulespielenden alten Männern bevölkert werden und das hat mich komischerweise irgendwie traurig gemacht. Denn die Parks schienen plötzlich so leer.

Kendo

Zwei Kendoka während eines Kampfes.
Bild von Nila Gurusinghe, unter Creative Commons
Montag war mein zweites Kendotraining und jetzt habe ich auch ein eigenes Shinai, das ich gestern Abend ganz sorgfältig abgeschliffen, eingeölt und eigenhändig wieder zusammengebaut habe. Noch ist das Leder wunderschön weiß, aber das wird sich wohl in kürzester Zeit geben.

Ich bin noch ganz aufgeregt, weil alles so neu ist, aber ich bin guter Dinge, endlich einen Sport gefunden zu haben, der mir Spaß macht. Das ganze Rumgeschreie, das dazugehört, ist zwar erstmal etwas abschreckend, aber ich denke, man hat sich da schnell dran gewöhnt. Und allein dass es so schwer fällt, selbst einen ordentlichen Kiai zu schmettern, ist wohl schon ein deutliches Zeichen, dass da ein Defizit ist, dass es zu überwinden gilt.

Jedenfalls macht es wie gesagt bislang echt Spaß und auch wenn ich noch lausig bin, habe ich doch den Eindruck, Fortschritte zu machen. Und letztes Mal habe ich sogar ein Kompliment an mein Timing gekriegt. Wow.

15.10.06, 14:06 Uhr

Dynamik und Wettbewerb durch Fördergelder

Die ehrwürdigen Hallen einer Hochschule. Lieblingsbeschäftigung hier oft: Bürokratie.
Bild von extranoise, unter Creative Commons
Wie viele Stunden konnte deutsches Universitätspersonal eigentlich nicht forschen, weil es an ausgefeilten Anträgen für Exzellenzcluster schrieb? Nur so ein Gedanke. Denn ich war nicht da, als daran gearbeitet wurde, aber was alleine schon an spürbarer Belastung für die Fakultät anstand, als die neuen Studiengänge akkreditiert werden sollten und dafür ein dicker Antrag geschrieben werden musste... Und mit einem so schlampig zusammengeklatschten Antrag kann man ja (hoffentlich) bei den Exzellenzgeldern nichts reißen. Nun, unsere Fakultät hätte sich die Arbeit sparen können, aber das weiß man ja vorher nicht. Und wir haben in Deutschland eine Menge Universitäten, von denen sicher sehr viele etwas von dem Kuchen abhaben wollten.

Hingegen kann ich mir nicht vorstellen, wie genau das mit der Dynamik aussehen soll, von der der DFG-Präsident hier spricht. Hat irgendwer mehr oder gar besser geforscht, damit er die Fördergelder kriegt? Wie auch, sowas geht ja nicht von heute auf morgen. Was man für so einen Antrag machen kann, ist schönreden und Fassade polieren. Und dafür halt Zeit verpulvern, die man besser unelitär in seine Forschung investiert hätte.

Nachtrag 17. Oktober: Interessant von Holger in seinem Kommentar zu hören, dass es tatsächlich der erwartete Kraftakt für die Unis war. Jetzt blieb für mich noch die Frage, wie Ernst-Ludwig Winnacker als DFG-Präsident die Aktion so hoch loben konnte, wo er doch im Gegensatz zur Politik wissen sollte, wie das mit dem Forschen oder eben Nichtforschen, weil man gerade Anträge schreibt, funktioniert. Wollte mich also informieren, was der Mann eigentlich so macht, ob der überhaupt Prof ist irgendwo und... ja, in der Tat, er ist C4-Prof... an der Uni München!

Ich hatte in der Presse gelesen, dass die Entscheidungen im Verdacht stehen durch Seilschaften innerhalb der DFG beeinflusst worden zu sein. Dass ein so bescheidenes Tauwerk schon auszureichen scheint, war mir allerdings nicht klar. Von München nach München ist es ja nicht so weit, wie wir spätestens seit Edmund Stoiber wissen.

Aber ob diese Kungeltheorie nun stimmt oder nicht, warum Winnacker sich nicht aufrichtig über die Mittelvergabe empören kann, ist damit wohl klar. Warum er aber so unbefangen seinen Senf dazu gibt, obwohl seine eigene Uni und seine Nachbaruni zu den drei Auserwählten gehören, das weiß ich noch immer nicht.

2. Nachtrag: Münchner Winnacker ist übrigens nicht nur DFG-Präsident, sondern war auch der Vorsitzender des Bewilligungsausschusses. Der Vorsitzende des Wissenschaftsrates Peter Strohschneider empört sich nun heute gegenüber der taz, dass das Verfahren „sauber gewesen” und alle Entscheidungen „streng wissenschaftlich getroffen worden” seien (was auch immer einem wissenschaftliche Methodik bei solchen Entscheidungen hilft). Strohschneider ist Germanistik-Prof an... genau, der Uni München.