.comment-link {margin-left:.6em;}

Frog Blog

29.9.05, 20:49 Uhr

Die spinnen, die Römer

Hält doch heute, als ich grade auf dem Campus ins Gebäude gehen wollte, ein Auto neben mir und ein Mensch mit starkem italienischen Akzent ruft mich heran. „Puh,” denk ich mir, „ob ich dem wohl helfen kann? Kenn mich doch selber nicht aus hier.” Naja, denn zückte der auch den Stadtplan und redete was von Lafayette, was auch auf dem Kartenausschnitt, den er in der Hand hatte, zu sehen war. „Meine Güte,” denk ich mir weiter, „ist der aber mal weit vom Weg abgekommen, wenn er da hin will!” Wollte er aber nicht, da war er schon. Und da hätte er irgendwas gekriegt und plötzlich war er beim lokalen Einkaufszentrum und ich merkte, dass ich so langsam den Faden verlor. Hab ihm dann einfach mal erklärt, wo das Einkaufszentrum ist. War aber auch nicht, was er wollte. Und dann erzählt er mir was von wegen bevor er nach Italien zurückfahre, wolle er die Sachen noch loswerden und er hätte meine Größe gesehen und es wäre ja auch fast geschenkt. Meine Herren, die ganze Geschichte, nur um einem Klamotten aufzuschwatzen! Würde mich mal interessieren, ob er was verkauft mit der Masche. Naja, an mich jedenfalls nicht.

Ausschnitt Metroplan St-Lazare und AuberAber der Tag fing vorher schon spaßig an. Métro fahren ist nämlich manchmal so ähnlich wie Eurodisney. Ich hab heute eine alternative Route ausprobiert. Die große Unsicherheit dabei war die mysteriöse Verbindung zwischen der Métrostation (St-Lazare) und der RER-Station, in die ich musste (Auber). Da ist nämlich ein weißer Balken auf dem Métroplan (siehe auch Bild), der signalisiert, dass man da zwischen umsteigen kann. Bin also bei St-Lazare raus und hab auf Hinweisschilder gehofft. Tja, hoffen und harren... da waren natürlich keine. Ich gesucht wie ein Irrer: Nix. Ich war sogar im angeschlossenen Bahnhof, weil auf einem anderen Plan die ausgehenden Züge auch als weiße Balken gekennzeichnet waren. Hat mir aber auch nicht weitergeholfen. Hmpf, am Infoschalter war ne enorme Schlange, aber irgendwann blieb mir nichts anderes mehr übrig. Die nette Dame hat mir dann erklärt, dass man erst die 3 bis zur Oper nehmen muss. Kann man sowas nicht auf einem Plan deutlich machen? Naja, ich also bei der Oper ausgestiegen und tatsächlich waren da dann Hinweisschilder zum RER. Aber frag nich' nach Sonnenschein, um wie viele Ecken das ging. Dass man in der Métro rumgeführt wird, war ich inzwischen ja schon gewöhnt, aber die Frequenz der Richtungswechsel war wirklich atemberaubend. Hat mich ein bisschen erinnert an diese Musikvideos, die eine Autofahrt durch die Stadt im Schnellvorlauf zeigen. Oder an kleine verlorene Mädchen im Labyrinth im Film. Woher nimmt man eigentlich seine Film-Stereotypen? Immer, wenn ich dann auch nur einen dieser Filme benennen soll, fällt mir keiner ein. Naja, egal. Jedenfalls rannte ich also durch zahllose Gänge, um dann plötzlich in einem Raum zu stehen, der nur den einen Ausgang hatte, durch den ich gekommen war. Es waren allerdings ein paar Fahrstuhltüren in dem Raum, ohne Anzeige, ohne Knöpfe; eine von ihnen stand offen. Ich dacht mir nur: „Himmel, nehm ich ab hier den Turbolift?!” Hab mich noch schnell versichert, dass ich auch kein Schild und keinen Ausgang übersehen hatte und sprang in die sich schließenden Türen. Innen auch keine Knöpfe, nur eine Frauenstimme, die mir immerhin bestätigte, dass ich auf dem richtigen Weg war, indem sie „RER, Ligne A” sagte. Ich hab wirklich halb erwartet, dass das Ding auf einmal anfängt, sich waagerecht zu bewegen. Hat es aber nicht, dafür gab es echt so ein kleines Sichtfenster in dem Fahrstuhl, an dem man ständig Streifen vorbeihuschen sah. Voll der Themenpark, in dem ich da gelandet war. Erst antikes Kreta, dann Star Trek. Als nächstes Fortbewegungsmittel gab es ein ordinäres Laufband, nichtmal so cool schnell und schweinegefährlich wie die Dinger in Montparnasse. Da gibt es das schnellste Laufband der Welt, 9 km/h. Mit Beschleunigungsstreifen, wo man von lauter kleinen Rollen langsam von ich glaub 3 km/h auf die 9 gebracht wird. Allerdings sollte man dabei seine Treter auf dem Boden halten, sonst wird man liegend beschleunigt. Das hat der Mann vor mir auch gleich ausprobiert, als ich neulich da war... es funktioniert wirklich ;) Das faszinierendste dabei aber waren nicht die Rollen am Boden sondern das – wie heißt sowas – Rollgeländer, für zum die Hände zum drauftun halt. Das bestand nämlich aus Segmenten, die sich einzeln langsam ausrollten oder so, sehr faszinierend wie gesagt. Heute ist aber irgendwie Tag des Abschweifens, oder? Ich war ja bei Euro-Métroland Paris. Also dieses Laufband fuhr einen durch etwas, was an ein stillgelegtes Bergwerk erinnerte. Will mir demnächst mal ne Digitalkamera zulegen, dann muss ich diese Strecke per Lichtbild dokumentieren. Das Salzstock-Thema wurde nur angerissen (Schade, ich mag Laufbänder nämlich und das hier war besonders kurz), danach kam man von oben in eine große Halle mit rechteckigem Grundriss, von der in alle Richtungen Ausgänge wegführten. In der Mitte war dann nochmal irgendwas, können Geschäfte gewesen sein. Kannte solche Ausganghallen bisher nur vom Rollenspielen, wenn der Spielleiter keinen rechten Bock auf eine realitätsnahe Dungeon-Karte hatte und einfach einen Raum gebastelt hat, wo er ohne Sinn und Verstand seine ganzen Räume mit Monstern, Rätseln oder wasauchimmer drumrum gruppieren konnte. Ich war ja fast enttäuscht, als hinter „meinem” Ausgang dann einfach nur das Gleis des RERs wartete und kein Drache oder ein weiteres unterirdisches Thema. War jedenfalls eine sehr surrealistische Erfahrung und ich hab neuen Respekt für das bekommen, was sich alles so unter Paris befindet. Werd ich wohl noch häufiger nehmen die Route, auch wenn sie nicht so bequem ist wie die bisherige. Vor allem müsste man glaub ich mal probieren, was passiert, wenn man in diesen Fahrstuhl geht, sich breitbeinig und mit dem Gesicht zur Tür hinstellt, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und mit ernstem Ton sagt: „Hauptbrücke.” oder: „Holodeck 2” =) Wenn man schon nicht auf einmal woanders rauskommt, erntet man bestimmt immerhin tolle Gesichter ;)

Der Weg zur Uni hat sich ansonsten schwerlich gelohnt: Ich hab zwar endlich den Prof getroffen, mit dem ich meinen Stundenplan ausfuchsen sollte, der war auch unheimlich nett und hat mich quasi durchs halbe Gebäude geschleift. Hat sichergestellt, das meine Login-Probleme nicht von AZERTY (Was eine Geißel der Menschheit! Nicht einmal die Zahlen sind da, wo man sie vermutet. An die kommt man nur mit Shift ran. Ebenso an den Punkt. An das Ausrufezeichen aber ohne! Sag noch einer, die deutsche Tastaturbelegung wäre ungeeignet zum Programmieren.) her kamen und dass (Ach übrigens will ich keine Beschwerden hören über lange Einschübe in Klammern, die das Textverständnis erschweren. Ich kann ja auch nichts dafür, dass Text leider nur eindimensional ist ;) die Einschreiblinge von Mittwoch auch wirklich morgen (Freitag) behandelt würden, sodass ich dann auch ganz ehrlich ins Netz komme, endlich. Hat mich über Projekte informiert und über Notengebung in Frankreich („Noten über 16... naja, das kommt schon vor...”, die Noten gehen hier übrigens von 0-20, 20 ist das beste, mit 10 hat man bestanden). Ich wollte ihm nicht gleich auf die Nase binden, dass mir die Noten primär mal... nicht so wichtig sind. Nachher muss ich mich dafür auch noch der Tyrannei des Anwesenheitsliste unterwerfen (und bei Verspätungen verstehen wohl viele auch keinen Spaß).

Das, worum es mir eigentlich aber ging, nämlich das sogenannte Learning Agreement, wollte er noch gar nicht festgelegt haben. Solle erstmal gucken und dann meine Auswahl treffen. Sehr locker der Mann :) Erfrischend, bei diesem eigentlich eklig verschulten System hier in Frankreich.

Überrascht war er nur, als ich meinte, ich wäre schon eingeschrieben. Welcher Professor die Erlaubnis gegeben hätte, fragte er. Das könne nämlich nur er oder sein Kollege machen, dessen Namen ich nichtmal kannte. Anscheinend sehen die beim hiesigen Auslandsamt das nicht so eng und den Leuten bei der Einschreibung ist es wohl egal, solange sie irgendwelche Zettel mit einer Unterschrift und einem schönen Stempel drauf in der Hand haben.

Ich hab dann noch was gegessen, wobei ich das Gefühl habe, dass das Essen in der Mensa hier von Tag zu Tag schlechter wird. Eigentlich sollte man doch das Gefühl haben, dass das Essen in Mensen von Monat zu Monat schlechter wird. Es gab Polysaccharidbällchen (angeblich ein Kartoffelderivat, äußerlich mit der Krokette verwandt) mit Pfefferkornsoße und täuschend echt nachgemachtem Fleisch. Und nichtmal der Dosenthunfisch am Salat schmeckte. Und das, wo ich bei Dosenthunfisch noch nie Geschmacksunterschiede feststellen konnte.

Bin dann in meine Lieblingsbuchhandlung in Paris gefahren (nicht dass ich besonders viele ausprobiert hätte, aber die ist an sich toll: Gibert, am Boulevard Saint Michel, an dessen Ende der gleichnamige Brunnen ist, den ich schon erwähnt habe, hab aber nichts gefunden, was mich interessiert hat. Danach bin ich zur „fnac” gefahren (ja, auch auf Französisch gibt es unheimlich hässliche Wörter... „Fnack fnack!”), einer Art Saturn. Die MP3-Player da (will mir einen zulegen für die langen Métrofahrten) waren aber alle doof. Ogg/Vorbis oder gar Flac konnte nicht einer und der iPod nano ist zwar unheimlich sexy (auch wenn es da noch kleinere Probleme geben soll), aber der Preis turnt so ab. Außerdem wird beim iPod ziemlich deutlich, dass Apple halt auch nur ein kapitalistisches Scheißunternehmen ist. Die lackieren ihre Laptops und ihr Image weiß, aber dadrunter steckt nicht viel von Open Source, offenen Standards oder gar der Abkehr von DRM. Und Fotos kann man auf den iPod nano gar nur mit iPhoto ziehen. Das ist zum einen erstmal generell Scheiße, zum anderen ist genau dies iPhoto leider auch: Scheiße.

Zuhause hab ich mich dann aufs Ohr gehauen, weil ich die Nacht davor zu wenig geschlafen hatte. Insgesamt ein mäßig produktiver Tag, von dem ich euch aber immerhin schwerst ausführlich berichtet habe :)

5 Comments:

  • Bonjour,
    man man, du hast ja in der kurzen Zeit schon so viel mehr erlebt als ich in den 4 Jahren in Bielefeld...echt sehr cool ;-)

    By Anonymous Anonym, at 2/10/05 16:37  

  • Naja, das glaube ich nun nicht. Wenn du alles aufschriebest, so wie ich das hier tue, käme auch einiges zusammen. Aber trotzdem kann man das natürlich oft nicht vergleichen.

    By Blogger mudd1, at 3/10/05 15:30  

  • Cooler Bericht! Das mit dem Holodeck fand ich am besten :-). Aber mal ehrlich: So lebhaft, wie du das berichtet hast, wäre es auf einem Foto doch nie rübergekommen. Das soll natürlich nicht heißen, dass du keine machen sollst.

    By Anonymous Anonym, at 3/10/05 15:51  

  • Jetzt sag mir mal einer, warum diese Blog-Software mir meinen schönen Vornamen massakriert! Ich hab ganz bestimmt ein großes »M« eingegeben, aber jetzt steht da nur »marcel«.

    By Anonymous Anonym, at 3/10/05 15:53  

  • Hoi hoi Christian =)

    Evtl solltest du sir anstatt einer Digicam nen kleinen kompakten Camcorder mit Restlichtverstärker zulegen. Die kommen teilweise auch nicht teurer als ne Digicam. So könntest du die Vids dann irgendwo uppen und jeder könnte deinen wunderbaren Weg verfolgen *g* Musst die Auflösung ja nicht so hoch reißen dass man sich mehrere 100 MB runterjagen muss, bzw du hoch jagen.

    Sonst hört sich deine Reise in die Welt der Dungeon Keeper doch sehr amüsant an.

    Zu deinen Aussetzern: Video mit Autos im Schnelldurchlauf: Madonna - Ray of Light

    Ich bin dann erst mal weiterlesen
    *g*

    Gruß Tobs

    By Anonymous Anonym, at 3/10/05 16:27  

Kommentar veröffentlichen

<< Home