La Manif – Die Demo
Ich lebe also noch und sogar meine Kamera gehört noch mir. Letzteres ist nicht selbstverständlich, ich habe mehrere Verfolgungsjagden gesehen, die danach aussahen, dass einer was geklaut hat und dann ne Horde hinterher ist, um die Sau zu packen. Aber fange ich doch vorne an: Als ich bei Denfert aus der Métro kam, war da gerade mal ein kleines Häufchen von Leuten, die aber immerhin irgendwo hin wollten. Da war dann ein etwas größeres Häufchen von Leuten, die zwar für Bielefeld eine ordentliche Menge gewesen wären, für Paris aber eher ein Witz. Zum Glück gab es einen ständigen Zustrom von Menschen, sodass es dann doch noch 8.000-10.000 wurden. Das ist zwar nichts im Vergleich zu Samstag (350.000 Leute!) praktisch nichts (Zitat einer Demonstrantin: „Warum ist hier niemand?”), aber es reichte, um ziemlich geile Stimmung zu machen.
Ich muss euch daher wieder mit einem qualitativ miesen, verwackelten, kleinen Filmchen quälen, aber es geht nicht anders. Ich hoffe, unter Linux kriegt man irgendwie .mov halbwegs abgespielt, ansonsten mea culpa, aber ich hatte mit der Software hier eh schon schwer zu kämpfen. Ich finde, der qualitativ miese, verwackelte kleine Film ist den Aufwand dennoch wert, denn den Gesang kann man auf einem Foto einfach so schlecht festhalten und solange ich meinen iriver noch nicht habe, kann ich anders kein Soundseeing machen. Jedenfalls heißt der Refrain schwerst grob übersetzt ungefähr: „Allez, allez, Villepin, verkauf uns nicht für dumm, dein CPE ist doch in echt nur für'n Patron.” Wobei „Patron” nicht so sozialistisch ist, wie es klingt, denn es heißt auf Französisch einfach der Arbeitgeber bzw. Chef. Aber wenn ich „Chef” genommen hätte, hätt sich's gar nicht mehr gereimt. Es spielt natürlich darauf an, dass Villepin immer noch versucht zu behaupten, der CPE solle den Jugendlichen Arbeitsplätze schaffen. Naja, da hat er die Antwort. Auch Sarkozys Kärcher kam retour und traf Villepin, der damit weggeputzt werden sollte.
Ein anderes Lied skandierte dementsprechend, dass der politische Zug für Villepin nach dem CPE entgültig abgefahren wäre (sehr frei): „Denn du wirst nie nie niemals Präsident!” Überhaupt konnte man die lyrische Vorarbeit dieser Demo nur bewundern. Andere Rufe klangen mehr nach Klassikern. So wurden Leute wie die auf dem rechten Bild sehr eindringlich mit „Auf die Straße mit euch!”-Chören bedacht. Ich glaube daraufhin runtergekommen ist keiner, aber ein Mädel hat immerhin irgend eine Entschuldigung nach unten gestikuliert, die ich allerdings nicht verstanden habe.
Wir kamen auch an einem Gefängnis vorbei und ein paar Hände haben sich an den Gitterstäben vorbei mit uns solidarisiert. Der eben genannte Spruch wäre sicher zynisch gewesen, stattdessen haben einige spontan einen anderen anscheinenden Klassiker aufgegriffen: „Liberez les prisonniers !” – Lasst die Gefangenen frei! Wahrscheinlich eher auf politische Gefangene zugeschnitten, aber war ja trotzdem nett von denen, dass sie für unsere Sache waren.
Vielleicht waren sowieso ein paar Ex-Demonstranten dabei, denn es roch fast die ganze Zeit über überall nach... etwas anderem Tabak. Weniger harmlos waren die Leute, die irgendwie schon so aussahen, als würden sie auch nach der Demo bleiben, um sich noch ein bisschen mit den Polizisten zu kloppen. Die rannten nämlich dauernd in der Gruppe durch die Menge und demolierten Zeug, zumindest bei einer Bushaltestelle war ich Zeuge. Ziemlich erschreckend, wie schnell die waren, da blieb nicht viel Zeit, irgendwie zu reagieren. Die Ordner waren dementsprechend ziemlich hilflos und die Polizei hat zwar quasi den ganzen Weg der Demo abgeriegelt, aber sich immer ziemlich weit weg gehalten. Wahrscheinlich, um nicht zu provozieren. Trotzdem waren sie bei vielen Demonstranten nicht gerade beliebt und wurden ausgebuht.
Gegen diese Gruppe Unruhestifter war die Standardtaktik, eine Kette zu bilden, damit sie nicht so durch die Menge rennen konnten (zumindest ist das meine persönliche Erklärung). Ich wurde ziemlich überrascht, als diese Gruppe zum ersten Mal an der Demo vorbeirannte und ein Ordner meinte: „Bildet eine Kette, bildet eine Kette!” Und prompt wurde ich *zack* links *zack* rechts eingehakt und hab mich gefragt, was genau unser Plan ist, wenn die versuchen, durchzubrechen. Haben sie aber nicht und phasenweise war tatsächlich so ziemlich die ganze Demo von einer großen Menschenkette umgeben. Sah ein bisschen aus wie eine ordentliche Kontur um einen wüsten Haufen herum.
Mehr oder weniger vorne fuhr dann noch ein Wagen, auf dem zwei Leute über riesige Lautsprecher permanent eingeheizt haben. Und trotz Mikrofon haben die ziemlich gebrüllt. Kommt ja sonst nicht. Heftiger Job jedenfalls, die sind bestimmt morgen heiser. Ich hoffe, ich bin's nicht, denn es war für Frühling schweinekalt, aber ich hab mich präventiv schon schön dick eingepackt, von daher hab ich nicht gefroren. Blöderweise hab ich meine langen Unterhosen nicht gefunden, aber ich konnte die Stulpen von Karneval recyclen. Hat ja keiner gesehen.
Als wir dann angekommen waren, hab ich mich ziemlich schnell aus dem Staub gemacht, denn bekanntlich haben die Krawalle immer nach den Demos angefangen. Blöderweise war ich davon ausgegangen, dass wir bei Nation wären, weil die Samstagsdemo bis dahin ging. Irgendwann hab ich dann aber gemerkt, dass das irgendwie nicht stimmen kann und musste dann erstmal orten, wo ich eigentlich bin. Ziemlich bei Denfert in der Nähe, irgendwie sind wir im Kreis gerannt, also bin ich dann irgendwann auf die Métrostation Gobelins gestoßen (sag mir keiner, dass ich nicht die nächstgelegene Station erwischt habe, ich weiß es), von der aus man nur mit zweimal umsteigen zu mir nach Hause kommt. Und irgendwie muss ich trotz meiner völligen Verpeiltheit einen unheimlich kundigen Eindruck machen, denn ich werde ständig von Leuten angequatscht, die nach ÖPNV-Details fragen. So auch da, während ich noch über dem Métroplan meditiere und versuche, meine Station zu finden, fragt mich einer von der Seite plötzlich, wie er denn zum Gare du Nord käme. Puh, wenn ich mit meiner Meditation schon weiter fortgeschritten gewesen wäre, hätte ich ihm sagen können, dass er wie ich eine Station zum Place d'Italie hätte fahren müssen, um dann in die 5 statt in die 6 wie ich zu steigen. Wie auch immer, jedenfalls hab ich ihm nur gesagt, dass ich selber noch suchen würde. Er hat aber ein ganz erstaunliches Vertrauen in mich den Gaijin gesteckt und nach einem kurzen Innehalten gefragt, ob es denn richtig wäre, dass der Gare du Nord direkt neben dem Gare de l'Est liege. Das konnte ich ihm ohne Blick auf den Plan bestätigen und diese Information schien ihm denn glücklicherweise auch gleich weiterzuhelfen , denn er wetzte sofort ab. Freut mich, dass ich sein Vertrauen nicht enttäuschen musste :) Wenn ihr einmal meinen Weg fahren müsst in Paris, lasst euch folgenden Tipp geben: Steigt nicht bei Denfert von der 6 in die 4 um, wie es nahe zu liegen scheint, sondern erst in Raspail. Da liegen die Bahnsteige direkt nebeneinander und man muss sich ganz métrountypisch beim Umsteigen kein bisschen die Hacken ablaufen.
Naja, ich bin dann ohne weitere Vorkommnisse zuhause angekommen und musste dann nur noch das ganze geknipste Material für diesen Blogartikel aufarbeiten. Vor allem der Kampf mit iMovie war dabei ein Kapitel für sich, aber wie ihr seht, habe ich auch das halbwegs geschafft. Hauptsache jedenfalls, die haben mir meine Kamera nicht geklaut. An einer Stelle hatte ich sogar das Gefühl, dass zwei suspekte Gestalten zu mir hingestikuliert haben und auf die Gefahr hin, dass das pure Paranoia war, hab ich mich einfach mal aus dem Staub gemacht. Und gegen Ende der Demo war es vorne beim Wagen echt ungemütlich von den Leuten her, also bin ich folgerichtig nach hinten gegangen. Insgesamt war mir doch manchmal ein bisschen mulmig, aber ich glaube so richtig gefährlich ist es nicht, wenn man aufpasst und nicht mit dem Handy telefoniert. Siehe Einleitung. Jedenfalls hab ich es trotz Unterbrechungen gerade noch vor Mitternacht geschafft, den Artikel abzuschicken. Also gerade noch, bevor einer von euch die Polizei gerufen hätte, weil ich leichtsinnigerweise was von „heute noch” geschrieben hatte. Puh! Also alle stressbedingten Fehler bitte per Mail an mich ;)
PS: Siehste, das kommt davon. Jetzt hätte ich fast die beiden Hauptschlachtrufe vergessen zu erwähnen: Platz 2 „Retrait, retrait, retrait du CPE” und unangefochten auf Platz 1: „Resistance!” Letztere gegen alles und jeden. Der Ansager hat immer etwas vorgegeben (z.B. „Villepin” oder „Sozialabbau” oder so) und „Re-sis-tan-ce!” war die Antwort von allen. Übersetzung spar ich mir mal in beiden Fällen.
Ich muss euch daher wieder mit einem qualitativ miesen, verwackelten, kleinen Filmchen quälen, aber es geht nicht anders. Ich hoffe, unter Linux kriegt man irgendwie .mov halbwegs abgespielt, ansonsten mea culpa, aber ich hatte mit der Software hier eh schon schwer zu kämpfen. Ich finde, der qualitativ miese, verwackelte kleine Film ist den Aufwand dennoch wert, denn den Gesang kann man auf einem Foto einfach so schlecht festhalten und solange ich meinen iriver noch nicht habe, kann ich anders kein Soundseeing machen. Jedenfalls heißt der Refrain schwerst grob übersetzt ungefähr: „Allez, allez, Villepin, verkauf uns nicht für dumm, dein CPE ist doch in echt nur für'n Patron.” Wobei „Patron” nicht so sozialistisch ist, wie es klingt, denn es heißt auf Französisch einfach der Arbeitgeber bzw. Chef. Aber wenn ich „Chef” genommen hätte, hätt sich's gar nicht mehr gereimt. Es spielt natürlich darauf an, dass Villepin immer noch versucht zu behaupten, der CPE solle den Jugendlichen Arbeitsplätze schaffen. Naja, da hat er die Antwort. Auch Sarkozys Kärcher kam retour und traf Villepin, der damit weggeputzt werden sollte.
Ein anderes Lied skandierte dem
Wir kamen auch an einem Gefängnis vorbei und ein paar Hände haben sich an den Gitterstäben vorbei mit uns solidarisiert. Der eben genannte Spruch wäre sicher zynisch gewesen, stattdessen haben einige spontan einen anderen anscheinenden Klassiker aufgegriffen: „Liberez les prisonniers !” – Lasst die Gefangenen frei! Wahrscheinlich eher auf politische Gefangene zugeschnitten, aber war ja trotzdem nett von denen, dass sie für unsere Sache waren.
Vielleicht waren sowieso ein paar Ex-
Gegen diese Gruppe Unruhe
Mehr oder weniger vorne fuhr dann noch ein Wagen, auf dem zwei Leute über riesige Lautsprecher permanent eingeheizt haben. Und trotz Mikrofon haben die ziemlich gebrüllt. Kommt ja sonst nicht. Heftiger Job jedenfalls, die sind bestimmt morgen heiser. Ich hoffe, ich bin's nicht, denn es war für Frühling schweinekalt, aber ich hab mich präventiv schon schön dick eingepackt, von daher hab ich nicht gefroren. Blöderweise hab ich meine langen Unterhosen nicht gefunden, aber ich konnte die Stulpen von Karneval recyclen. Hat ja keiner gesehen.
Als wir dann angekommen waren, hab ich mich ziemlich schnell aus dem Staub gemacht, denn bekanntlich haben die Krawalle immer nach den Demos angefangen. Blöderweise war ich davon ausgegangen, dass wir bei Nation wären, weil die Samstagsdemo bis dahin ging. Irgendwann hab ich dann aber gemerkt, dass das irgendwie nicht stimmen kann und musste dann erstmal orten, wo ich eigentlich bin. Ziemlich bei Denfert in der Nähe, irgendwie sind wir im Kreis gerannt, also bin ich dann irgendwann auf die Métrostation Gobelins gestoßen (sag mir keiner, dass ich nicht die nächstgelegene Station erwischt habe, ich weiß es), von der aus man nur mit zweimal umsteigen zu mir nach Hause kommt. Und irgendwie muss ich trotz meiner völligen Verpeiltheit einen unheimlich kundigen Eindruck machen, denn ich werde ständig von Leuten angequatscht, die nach ÖPNV-
Naja, ich bin dann ohne weitere Vorkommnisse zuhause angekommen und musste dann nur noch das ganze geknipste Material für diesen Blogartikel aufarbeiten. Vor allem der Kampf mit iMovie war dabei ein Kapitel für sich, aber wie ihr seht, habe ich auch das halbwegs geschafft. Hauptsache jedenfalls, die haben mir meine Kamera nicht geklaut. An einer Stelle hatte ich sogar das Gefühl, dass zwei suspekte Gestalten zu mir hingestikuliert haben und auf die Gefahr hin, dass das pure Paranoia war, hab ich mich einfach mal aus dem Staub gemacht. Und gegen Ende der Demo war es vorne beim Wagen echt ungemütlich von den Leuten her, also bin ich folgerichtig nach hinten gegangen. Insgesamt war mir doch manchmal ein bisschen mulmig, aber ich glaube so richtig gefährlich ist es nicht, wenn man aufpasst und nicht mit dem Handy telefoniert. Siehe Einleitung. Jedenfalls hab ich es trotz Unterbrechungen gerade noch vor Mitternacht geschafft, den Artikel abzuschicken. Also gerade noch, bevor einer von euch die Polizei gerufen hätte, weil ich leichtsinnigerweise was von „heute noch” geschrieben hatte. Puh! Also alle stressbedingten Fehler bitte per Mail an mich ;)
PS: Siehste, das kommt davon. Jetzt hätte ich fast die beiden Hauptschlachtrufe vergessen zu erwähnen: Platz 2 „Retrait, retrait, retrait du CPE” und unangefochten auf Platz 1: „Resistance!” Letztere gegen alles und jeden. Der Ansager hat immer etwas vorgegeben (z.B. „Villepin” oder „Sozialabbau” oder so) und „Re-sis-tan-ce!” war die Antwort von allen. Übersetzung spar ich mir mal in beiden Fällen.
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