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Frog Blog

28.6.06, 20:42 Uhr

Die Fête du Cinéma

Sieben Kinokarten. Allerdings gehört eine nicht zu einem Film, den ich an den beiden Kinofeiertagen gesehen habe, da ich die Originalkarte nicht wiedergefunden habe. Wer herausfindet, welche es ist, wird von mir persönlich beglückwunscht.Sieben Filme innerhalb von zwei Tagen. Für die einen klingt das abschreckend bis krank, für mich klingt das einfach nur genial! Von Sonntag bis zum gestrigen Dienstag war hier die Feier des Kinos, die Fête du Cinéma. Das war eine Aktion, bei der man zunächst eine Karte zum vollen Preis kaufen musste (in den größeren Kinos hier zwischen 9 und 10 Euro), um dann einen Pass zu erhalten, mit dem man in beliebigen Kinos für 2 Euro pro Veranstaltung dabei war. Sonntag habe ich das noch nicht genutzt (wahrscheinlich war es da auch unerträglich voll), dafür habe ich dann gestern und vorgestern einen Marathon eingelegt. Um euch nicht über die Maße zu quälen, werde ich die Filmberichte kurz halten.

Fanny Valette als 19-jährige Julia und Emmanuel Mouret als ihr Musiklehrer bei einer ihrer Hornstunden in Changement d'adresse. Beide haben durch ein hervorragendes Spiel geglänzt (wenn auch nicht auf dem Horn).Montag ging es zuerst in Changement d'adresse, einer frisch angelaufenen französischen Komödie. Es gibt im Grunde nur vier Personen: David, einen Hornspieler, Julia, seine Schülerin, Anne, seine Mitbewohnerin und Julien, seinen Nebenbuhler um Julia. Emmanuel Mouret, der auch David spielt, zeigt aber, dass sich daraus eine sehr amüsante und mitreißende Geschichte entwickeln lässt, wenn man die Charaktere nur interessant genug macht. Ich weiß nicht, ob und wann man diesen Film jemals in Deutschland sehen können wird und ob er sehr unter der notwendigen Verflachung der Horn-Witze leiden wird (frz. cor = Horn und gleich ausgesprochen corps = Körper; „Comme il est beau, ton cor(ps) !” wird dann zu „Oh, das ist ein sehr schönes Horn, das du da hast!” Nicht, dass das Wortspiel völlig ruiniert wäre, aber es wird doch deutlich flacher.), aber wenn er zu sehen ist, dann ist das jedem sehr zu empfehlen. Vielleicht aber nicht mit akutem Liebeskummer, sonst leidet man sicher noch mehr als so schon.

Mandy Moore singt in Hugh Grants fiktiver Castingshow American Dreamz, in der US-Präsident Dennis Quaid bald einen Gastauftritt haben soll.Danach war ich in American Dreamz, einer absolut genialen Satire. Der Film läuft schon länger, aber der Titel hat mich so sehr abgeschreckt, dass ich den Film nicht einmal in Erwägung gezogen habe, bevor ich die Kritik von Filme und so gehört habe. Was hätte ich verpasst! Natürlich ist der Film völlig überzeichnet, aber zum Wegschmeißen dabei. Durch den Kakao zieht er vor allem Castingshows, Meinungsmache, den amerikanischen Präsidenten und die gefürchteten Terroristen. Gerade durch diesen letzten Punkt erhält er ein ausgleichendes Element, durch das er sich aus dem Amerika-Bashing-See erherbt. Meine Empfehlung ist: Guckt ihn euch unbedingt an! Mit etwas Glück läuft er noch. Und ich bin mir sicher, dass er im Kino besser kommt, die Stimmung war bei meinem Besuch jedenfalls spitze.

Philip Seymour Hoffman spielt Truman Capote, der sich hier selbst genießt.Am Abend war ich dann schließlich in Capote (französische Aussprache [ka'pɔt]). Ein grandioser Film über das Entstehen des Buches „Kaltblütig” (In Cold Blood) und dessen Autor Truman Capote, der sehr differenziert portraitiert und von Philip Seymour Hoffman grandios gespielt wird. Capote ist ein genialer Schriftsteller, der sich in gehobener Gesellschaft gerne selbst genießt und der einen Mord an einer Farmerfamilie als Thema für sein nächstes Buch auswählt. Dazu verlässt er New York und fährt aufs Land, um dort zu recherchieren. Das ist zunächst schwer, weil er wegen seiner Eigenarten nicht akzeptiert wird. Der größte Teil des Filmes handelt jedoch von der Interaktion zwischen Truman und einem der beiden bereits verurteilten Täter. Ich muss allerdings warnen, dass ich die Stimme Capotes in diesem Film äußerst schwer zu verstehen fand und immer wieder auf die Untertitel zurückgegriffen habe.

Das war also schonmal ein grandioser Tag, drei Filme und drei volle Treffer! Gut, bis auf Changement d'adresse waren das auch die Filme, die ich auf jeden Fall noch sehen wollte. Für den nächsten Tag hatte ich mir vier Filme vorgenommen, einen davon (Batalla en el cielo) hab ich, weil ich knapp dran war, aus dem Programm gekegelt und nach Vorziehen von Paris je t'aime durch Ultraviolet ersetzt. Ich hätte früher aufstehen sollen.

Aber zunächst einmal Paris, je t'aime. Nachdem mich der erste Trailer etwas verstört hatte, der nur daraus bestand, dass ein paar der bekannteren Schauspieler in diesem Film und ein paar andere Leute, den Satz „Paris, je t'aime” gesagt oder es zumindest versucht haben, habe ich mich nach dem Lesen der Beschreibung auch sehr auf diesen Film gefreut. Es handelt sich nämlich um eine Kurzfilmsammlung über Paris. 20 Filme à 5 Minuten – ein Film pro Arrondissement, das Oberthema „Paris und Liebe” und das wirklich Besondere ist, dass alles zu einem Ganzen verwoben wird. So hat man zwar viele kleine Filme, die einem wahrscheinlich mal mehr, mal weniger gut gefallen (mir zumindest haben diejenigen Episoden nicht so gut gefallen, die mit Vampiren, unsichtbaren Autos, Karate-Frisösen oder ähnlichem Hokuspokus zu tun hatten). Insgesamt hat man aber einen wirklich guten Film. Wobei ich sagen muss, dass man wahrscheinlich Paris schon ein bisschen kennen muss, um wirklich etwas mitzunehmen. Es war schon toll, so viele Orte wiedererkannt zu haben und als Schauplatz dieser Kurzfilme zu sehen. Und um zum Beispiel den Titel der Episode Loin du 16ème („Fern des Sechzehnten”) zu verstehen, muss man wissen, dass das 16. Arrondissement ein sehr schickes Viertel ist und vor allem als solches gilt. Und anscheinend muss man Paris noch besser kennen als ich das tue, um den Film wirklich würdigen zu können, denn ich fand ihn zwar wie gesagt sehr gut, aber ich war doch überrascht, als es nach dem Film Applaus gab. Ich habe schon Applaus bei einer Premiere erlebt und Szenenapplaus während des Films, aber nach dem Film und bei einer normalen Vorstellung noch nie.

Überlila: Eine schlecht gekleidete Milla Jovovich ist stinksauer. Den Typen, der ihr die Sonnenbrille verkauft hat, erschießt sie während des ganzen Filmes nicht, deswegen ist nicht klar, auf was sie eigentlich so stinkig ist, denn hier hat sie noch keinen echten Grund. Aber der kommt schon noch und auch Gesichtsmuskeln haben ein Trägheitsmoment. Sehr ökonomisch, Milla!Danach – weiohwei – was habe ich mir da angetan! Vom Zeitslot passte Ultraviolet so gut und es schien zumindest solide Action zu werden. Action wurde es auch massig, aber alles andere als solide. Ich hab mich während Schießereien, Verfolgungsjagden und Explosionen noch nie so gelangweilt. So muss Sex mit einer schönen Person sein, die man nicht ausstehen kann.

Die schöne Person sollte in dem Fall von Milla Jovovich verkörpert werden, was ihr für ihre Verhältnisse unfassbar schlecht gelang. Eine begnadete Schauspielerin war sie noch nie, aber in Das fünfte Element war sie wenigstens noch nett anzugucken und Resident Evil war auch noch irgendwie zu ertragen. Aber in Ultraviolet unterbietet sie sich selbst. Milla Jovovich ändert in diesem Film häufiger das Outfit als den Gesichtsausdruck. Dabei bleibt aber selbst das Outfit durchgängig geschmacklos.

Die „Storyline” dieses Films ist ein schlechter Scherz. Irgendwann bald wird ein Virus kreiert, der eigentlich die Menschen verbessern sollte, dies jetzt auch tut, sie aber irgendwann umbringt. Die Welt ist fortan geprägt von der Angst vor dem Virus und dem Kampf gegen die „Vampire” genannten Kranken. Dass sie so genannt werden, weil sie stärker und schneller als normale Menschen und gegen UV-Licht empfindlich sind... ok. Dass sie auch noch spitze Eckzähne haben müssen, ist dann schon wieder ein wunderbares Beispiel für die Hirnverbranntheit dieses Films. Violet (UV-Licht, (Ultra-)Violet... Wortspiel! Habter's gemerkt?!) ist also einer dieser Widerstandsvampire und kriegt eines schönen Tages eine Geheimwaffe in die Hände: Ein kleiner Junge aus dem Genlabor, der voll ist mit Todesproteinen des Todes, die den lebensgefährlichen Tod über die gesamte Vampirheit bringen sollen. Als Violets Chef den Jungen umbringen will, weil er nicht früher sterben will als nötig, gehen mit Violet die Mutterinstinkte durch und sie schafft ihn... ja, wohin genau weiß sie selber nicht, aber durch 94 Minuten Folter am Zuschauer der Baller-Odysse. Ich habe mir schon nach einer Viertelstunde oder so überlegt, ob ich nicht einfach die Leute zu meiner Seite aufscheuchen und gehen soll, aber draußen hatte ich ja bis zum nächsten Film auch nichts besseres zu tun und es konnte ja schließlich auch nur noch besser werden. Wurde es dann auch, jaha, als der Film dann nämlich plötzlich die unerwartete Wendung nahm, dass der Junge eigentlich eine Terrorgeheimwaffe des Todes zur Vernichtung der gesamten Menschheit war und der Anführer der Menschen eigentlich ein Vampir, der als einziger das Gegenmittel gegen kleine Killergenjungs hatte. Aber da besser nicht gut heißt, habe ich bis zur letzten Sekunde weitergelitten und bin dann fluchtartig aus dem Kino.

Zahlenmäßige Überlegenheit? Für Milla kein Problem...Ultraviolet versucht durch Coolness à la Matrix zu beeindrucken, nur dass Matrix noch Ansätze von Logik besaß. Bei Ultraviolet hat man mehr den Eindruck, dass sich da jemand haufenweise Zeug ausgedacht hat, das er für nen coolen Effekt hielt und am Ende wurde das ganze dann ungeordnet zusammengeklatscht. „Hey, wär's nicht geil, wenn Millas Haare irgendwie so cool elektrisch blitzern würden, wenn sie sie schwingt?” „Ja schon, aber warum sollten die das tun?” „Ja, keine Ahnung, aber is doch geil, lass uns da ne Szene draus machen.” Gefolgt von: „Ey Mann, diese ganze Rumballerei geht mir voll auf die Eier! Ich hab gestern so nen krassen Samurai-Movie gesehen, da ham die mit so geilen Katanaschwertdingern rumgehampelt, das sah viel geiler aus!” „Ja, aber wir machen hier nen Science-Fiction-Film, warum sollte jemand mit Schwertern kämpfen?” „Ja keine Ahnung Mann, sieht aber geil aus! Ey, stell dir doch mal vor, Milla so tsssssusch tssssssusch! Wär doch voll krass!” „Ja aber da wird sie doch niedergeschossen!” „Dann dürfen die anderen halt auch keine Knarren benutzen sondern... keine Ahnung... auch Schwerter... oder Elektroschocker oder so.”

...schließlich sind die anderen offenbar nur ein Kendoverein.Demensprechend sieht man im Film dann auch hunderte von Typen in albernen schwarzen Kampfanzügen mit klingonischen Schmerzstöcken um ihr Leben kämpfen. Ab und an wird dann mal wieder einvernehmlich die Waffe gewechselt und es darf wieder geschossen werden, bis der nächste Trupp Schwertkämpfer anrückt.

Bei der IMDB kriegt dieser Film noch unverständliche 3,6/10 Punkte. Daran sind wohl vor allem Frauen unter 18 Schuld. 41% von denen gaben dem Film 10 Sterne! Ob es die unerträglich kitschigen Dialoge um den armen kleinen Jungen of Mass Destruction oder die in einem Actionfilm unheimlich wichtige Technologie des Haar- und Kleidungsfarbwechsels auf Knopfdruck sind, vermag ich nicht zu sagen. Zutreffender sind da auf alle Fälle aber ein paar Zitate aus dem „Wenn ihr Ultraviolet mit einem Wort beschreiben müsstet...”-Thread im IMDB-Forum: Pathetic, terrible, *ugh*, brainless, used, feces, patchy, This post has been deleted by an administrator, cliche, BAD, fubar, crap, horrible, retarded, usw. Das trifft es alles schon recht gut.

Entschuldigt, dass der mit weitem Abstand schlechteste Film bei mir am meisten Platz beansprucht hat, aber ich musste irgendwie meinen Frust loswerden. Und euch natürlich warnen, da am 6. Juli die Katastrophe auch in Deutschland in die Kinos kommt.

Johnny Castle wie sie ihn noch nie gesehen haben und auch nie sehen wollten! Patrick Swayze in „Keeping Mum” und sexy gemeinter Unterwäsche.Zum Glück kam danach ein Lichtblick: Keeping Mum, im Deutschen zweifelhaft übersetzt mit „Mord im Pfarrhaus” (im Französischen meiner Meinung nach besser gelungen mit Secrets de famille, Familiengeheimnisse). Eine britische (natürlich schwarze) Komödie mit Rowan Atkinson, Maggie Smith und Patrick Swayze. Rowan Atkinson redet angenehm unbeanig in diesem Film und alle beteiligten liefern ein gutes bis hervorragendes Spiel ab. Humor und Geschichte sind angenehm makaber und ich will nicht mehr verraten, als dass die neue Haushälterin der Goodfellows nicht gerade unblutig mit Leuten umgeht, die ihr nicht in den Kram passen. Der Film dürfte schon länger nicht mehr laufen, aber da er durchaus fernsehtauglich ist, ist das nicht katastrophal. Ich war trotzdem froh, ihn mir im Kino angeguckt zu haben, denn auch hier war die Stimmung wieder sehr einnehmend.

Keira Knightley als Elizabeth Bennet schaut auf Tom Hollander alias Mr. Collins herab.Im selben Kino für Uraltfilme habe ich dann auch meinen letzten Film für diese Feier des Kinos und ein Schätzchen von 2005 ausgegraben: Pride & Prejudice, Orgeuil et préjujés oder auch Stolz und Vorurteil. Welch eine hervorragende Besetzung und aus dieser hervorragenden Besetzung ragt vor allem eine hervor: Keira Knightley! Während ich sie in Fluch der Karibik noch schmückendes Beiwerk fand (und mäßig schmückend noch dazu, irgendwie von einer langweiligen Hübschheit, obwohl ihr das nasse Kleid gut stand) und sie in Bend It Like Beckham ziemlich gut war, muss ich für Pride & Prejudice auf das fürchterlich kitschige Wort „bezaubernd” zurückgreifen. Sorry, echt, aber mir fiel kein anderes ein, das es gut getroffen hätte. Gesalzen wird das ganze von Wortgefechten, die sich gewaschen haben, auch wenn ich leider nicht alles verstanden habe, weil das Englisch zum Teil nicht von schlechten Eltern war. Naja, eine willkommene Ausrede, mir den Film nochmal auf Deutsch anzugucken.

Ich habe weder das Buch von Jane Austen gelesen, noch die angeblich gute Miniserie von 1995 gesehen, deswegen kann ich den Film nur so bewerten, wie ich ihn vorgefunden habe, aber da erschien er mir brilliant. Die Besetzung wirkt perfekt zusammengestellt, die Bilder sind atemberaubend, die Dialoge messerscharf, die Geschichte wird nicht langweilig, obwohl nicht wirklich viel passiert. Auf jeden Fall ein empfehlenswerter Film!

Während seiner letzten Minuten hörte man im Kinosaal leise dumpfes Jubelgeschrei und die ersten Sekunden fragte ich mich, ob das zum Film gehörte und wie ich das einzuordnen hätte. Aber es war wohl der französische Führungstreffer, den man bis ins Kino hinein hören konnte. Beim herausgehen schrie es dann schon „Allez les bleus !” von – fast wörtlich – allen Dächern. Die Porte d'Orleans war voll mit hupenden Autos und überall waren Fahnen. Ich setzte mich in den ohne Fahrer wartenden Bus kurz bevor ein paar Jugendliche sich die Fahrerlosigkeit zunutze machten und mit Hilfe des Busses in das Hupkonzert einstimmten. Nachher war auch der ganze Bus voll mit Fans – die Stimmung war schon toll. Und ich kam als alter Blutrechtler auch nicht umhin, erstaunt über die „uneuropäische” Hautfarbe eines großen Teils der Jubelnden zu sein.

Damit hätte ich alles Wesentliche während der zwei Kinofeiertage abgehandelt... nein halt, eine Anekdote noch nicht: Bei Paris, je t'aime kam ich rein, als die Werbung schon lief und es war auch bereits ziemlich voll. Ich picke mir einen Platz raus und will grade eine junge Frau bitten, mich durchzulassen, da sehe ich, dass die schläft. Ja so Augen zu und Kopf auffer Schulter. Ich versuch's trotzdem... keine Reaktion. Ich denk mir schon so: „Scheiße, nicht dass mit der jetzt irgendwas ist! Im Kino schläft doch keiner, zumindest nicht, bevor der Film angefangen hat.” Ich versuch's also lauter... und Gott sei dank, sie rührt sich, murmelt was und macht mir Platz. Ich bedank mich herzlich, mach's mir bequem, gucke rüber... und sie pennt schon wieder. Ich meine ich kann mir ja vorstellen, dass diese Kinofeier anstrengend ist, gerade wenn man alle drei Tage und auch noch die Spätvorstellungen mitgenommen hat. Aber das ist schon echt ne Aktion. Nachher kam noch jemand, ich konnte also leider nicht erkennen, ob sie den ganzen Film über auch geschlafen hat, aber so fertig wie die wirkte, kann sie selbst wenn nicht nicht viel davon gehabt haben. Sachen gibt's...

So, ich hab jetzt also von allen Filmen erzählt, die ich in den letzten beiden Tagen geguckt habe, aber es standen noch zwei weitere aus und wo ich grad dabei bin, bürde ich euch deren Kurzkritik auch noch auf. Eigentlich gemein, denn wer dies hier noch liest, hat echt meinen Respekt :)

Die beiden sitzen sich gegenüber und trotzdem kann man beiden gleichzeitig in die Augen gucken. Nur eine der Anwendungsmöglichkeiten von Split-Screen.Noch als Steve da war, haben wir zusammen Conversations with Other Women bzw. Conversation(s) avec une femme geguckt. Was uns sofort überzeugt hat, dass wir diesen Film sehen müssten war, dass er komplett im Split-Screen-Verfahren läuft. Klingt abgefahren, ist es auch und ich muss schon sagen, dass der doppelte visuelle Input über weite Strecken es nicht gerade zu einfacher Kost gemacht hat. Es war schon etwas anstrengend. Aber auch interessant. Dabei ist zu sagen, dass der Nutzen der zwei Leinwandhälften nicht immer gleich war, sondern mal die Szene aus jeweils der Perspektive der beiden Hauptdarsteller gezeigt wurde, dann hat man fast dasselbe Bild gesehen, aber leicht verschieden, so wie verschiedene Erinnerungen oder derselben Begebenheit, dann wieder waren es alternative Handlungsentwicklungen, die gezeigt wurden... es war schon fordernd. Die Handlung hatte an sich leider ein paar Hänger, aber die Offenlegung der Geschichte der Charaktere während des Films ist durchaus interessant. Wen das jetzt zumindest neugierig macht, der schmeißt sicher nicht sein Geld weg, wenn er sich den Film anguckt; wer sich unter Steven Kings Es geringeren Horror vorstellt, sollte seinem Gefühl da wahrscheinlich auch vertrauen. So oder so bleibt festzuhalten, dass sich in Deutschland noch kein Verleiher gefunden zu haben scheint. Und der Film ist in Frankreich sogar etwas früher angelaufen als in den USA. Wohl doch kinomäßig etwas aufgeschlossener die Leute hier (manchmal zu aufgeschlossen, das geb ich zu).

Laute Hassmusik, Stroboskop-Blitze in einem dunklen Raum und hockend am Boden festgekettet. Und das über viele Stunden. Da kann man schonmal schreien.Letzter Film für heute: The Road to Guantanamo. Auch schon länger her, dass ich den gesehen habe (lief hier früher an als in Deutschland), aber er ist mir noch gut in Erinnerung. Sicher nichts für einen gemütlichen Abend zum Abschalten und doch sollte man sich diesen Film angucken. Selbst wenn man sich schon selbst zusammengereimt hat, dass die USA nicht ausgerechnet in Kuba ihr Straflager aufgeschlagen haben, weil das Wetter da so sonnig und die Cocktails so lecker sind. Natürlich ist dieser Film mit Vorsicht zu genießen, aber es kann einiges übertrieben und einiges erfunden sein und es wäre trotzdem noch barbarisch, wie die USA hier vorgehen. Und ich fürchte fast, es ist nicht einmal etwas erfunden.

24.6.06, 13:42 Uhr

Unbefangener Patriotismus

Deutsche Fans bei der WM veranstalten ein hübsches Fahnenmeer in schwarz-rot-gold. Vielen Dank an amazeman, dass er seine Fotos unter eine Creative-Commons-Lizenz gestellt hat.
Foto von amazeman, unter Creative Commons
Man hört ja so viel in letzter Zeit davon, dass die Deutschen durch die WM endlich wieder gelernt hätten, einen unbefangenen, unbeschwerten Patriotismus zu zeigen. Tja, hab ich wohl was verpasst. Bin ja mal gespannt wie ich als altmodisch-komplexbeladener Exildeutscher reagiere, wenn mir bei meiner Rückkehr ins Vaterland der erste Passant in der Fußgängerzone begegnet, der in seiner neuentdeckten Unbeschwertheit fröhlich die Nationalhymne pfeift.

Aber ich glaube so übermäßig komplexbeladen war ich nie. Ein bisschen ganz sicher, aber in erster Linie war ich einfach mal deshalb schon froh, Deutscher zu sein, weil dem Deutschen an sich™ eben gerade dieser Patriotismustrieb fehlte. Ich meine bin ich denn dank meiner Abwesenheit während der WM der einzige, der es einfach lächerlich findet, stolz auf Leistungen anderer zu sein, die durch völlig zufällig ausgewürfelte Ländergrenzen Teil desselben abstrakten Dings namens „Nation” wurden wie man selbst?

Ich meine klar, Fußball macht einfach mehr Spaß, wenn man mit einer der Mannschaften mitfiebert und die Mannschaft des eigenen Landes zu nehmen liegt da erstmal nahe. Aber wenn ich es richtig verstanden habe, geht es hier nicht nur um Fußball. Auch nicht um Tennis oder Autorennen oder Golf. Es geht mit Sicherheit mal wieder um Goethe und Schiller und Wagner. Auf die Gefahr hin, in bereits sehr tiefe Klischeekerben zu hauen, aber was hat denn bitte ein DSDS-Kid mit klassischer Webforenrechtschreibung mit Goethe und Wagner zu tun? Und kommt es davon abgesehen nur mir etwas seltsam vor, dass diese lange toten Persönlichkeiten immer wieder als erste herhalten müssen, wenn es darum geht zu beweisen, wie toll Deutschland ist? Aber bevor ich jetzt gegen den übermäßigen Stellenwert der sogenannten klassischen Bildung tobe, komme ich lieber wieder zurück auf die Neuen Deutschen Fahnenschwinger.

Man kann stolz auf sich sein oder auf Leute, mit denen man zu tun hat. Aber was hab ich denn bitte mit Goethe oder Karl Marx oder Willy Brandt zu tun? Mit Bach, Nietzsche, Einstein oder Gutenberg? Oder gar mit „Unserem Besten” Konrad Adenauer? Nix? Nein, nicht nichts, aber auch nicht viel mehr oder weniger als mit Victor Hugo, David Hume, Isaac Newton, Thomas Edison oder Mahatma Gandhi.

Ich bin tatsächlich manchmal „stolz”, ein Mensch zu sein (gut, und oft genug schäme ich mich auch dafür) und das soll jetzt gar kein ätzender Wir-sind-alle-eine-Welt-Pathos sein. Menschen haben tolle Dinge vollbracht und das ist manchmal einfach ein erhebendes Gefühl, wenn man es sich veranschaulicht oder unter dem Eiffelturm herspaziert. Aber bin ich unter dem Eiffelturm stolz, dass mein Vater ein Franzose ist? Fiele mir doch im Traum nicht ein! Und ich kann auch nicht glauben, dass das wirklich in der Natur des Menschen liegt, so einen Kappes zu fühlen.

Es mag normal sein, weil man es so mitkriegt, aber wir Deutschen hatten das Glück, diesen archaischen Schwachsinn nicht mit der Muttermilch aufzunuckeln und deswegen bin ich so verblüfft und etwas bestürzt ob des „Juhu! Wir jetzt auch endlich!”, das sich momentan in Deutschland abzuspielen scheint. Ich bin nicht erschreckt in diesem „Oh mein Gott, solche Gefühle dürfen wir Judenvergaser uns doch nicht leisten!”-Sinne. Nein, ich bin einfach nur frustriert, dass wir durch einen Zufall, den man schwerlich als glücklich bezeichnen kann, immerhin diese veraltete emotionale Nationalstaatlichkeit über Bord geworfen hatten und sie jetzt gar nicht freudig genug wieder an Deck begrüßen können. Das ist in meinen Augen ein echter Rückschritt.

Aber den Deutschen nachher trotzdem viel Glück gegen die Knäckebrotmampfer!

Nachtrag: Meine Tante war letzte Woche beim Spiel in Köln und berichtete, dass die deutschen Fans nicht nur größtenteils relativ feindlich den Franzosen gegenüber eingestellt waren, sondern vor allem auch so viel Nationalfarben zur Schau trugen, wie sie es selten erlebt hätte. Offenbar sind die Deutschen nicht nur plötzlich unbefangen in ihrem Patriotismus, sie sind sogar unbefangen, obwohl sie es maßlos übertreiben. Naja, ich kann mir ja vielleicht bald selbst ein Bild vom Neuen Deutschland machen.

Dafür hat meine Oma grade am Telefon eine sehr amüsante Bemerkung über Patriotismus gemacht: „Oscar ist jetzt 11 Monate alt, am 14. Juli hat er Geburtstag. ... Jaha, so macht man das bei uns [Ihre Mutter hatte auch am 14. Juli Geburtstag], entweder man ist Patriot oder nicht!” ;)

2. Nachtrag: Bettina Gaus hat sich auch zu dem Thema geäußert und meint, dass man sich keine Illusionen zu machen bräuchte, dass das Fahnengeschwenke was mit Patriotismus zu tun hätte und insbesondere:

Aber bedeutet das nicht wenigstens, dass hierzulande „endlich” alles so „normal” ist wie andernorts in Europa? Na, hoffentlich nicht. Normalität ist nämlich kein Selbstzweck. Wer französischen Chauvinismus und britische Hybris genauer unter die Lupe nimmt, kann es eigentlich nicht für erstrebenswert halten, dem nachzueifern.

23.6.06, 23:34 Uhr

Die Fête de la Musique

Heute durfte ich hier den Fünftausendsten Besucher dieses Blogs begrüßen! In allen umliegenden Häusern brach auch großer Jubel aus... oder war das wegen des 2:0 gegen Togo? Egal. Zur Feier des Tages versuche ich mal wieder, einen Artikel auf die Beine zu stellen.

Leute beim Paartanzen auf den Straßen von Paris bei Beaubourg anlässlich der Fête de la Musique 2006.Wie schon angekündigt war ich gestern auf Achse, um mir die Fête de la Musique anzugucken. Schon beim Verlassen des unterirdischen Reiches von Les Halles musste ich allerdings frustriert feststellen, dass es zu regnen angefangen (und fast wieder aufgehört hatte), während ich in der Métro war. Echt toll. War ich natürlich auch unheimlich drauf vorbereitet so im Hemd und so. Immerhin war ich nicht der einzige, der damit nicht gerechnet hatte. So ziemlich jeder der Richtung Ausgang ging guckte wie ein Auto beim Anblick der nassen Fußspuren, die von draußen kamen.

Die Stimmung draußen hätte dann auch etwas ausgelassener sein können. Es waren relativ wenige Menschen zu sehen und es spielten zwei vereinzelte Gruppen afrikanische Musik, was aber irgendwie kaum wen interessierte. Ich bin dann auch weiter grob in Richtung Centre Pompidou, wo ich in den kleinen Straßen die erste laute Musik gehört habe. Und lauter Leute, die mitten auf der Straße getanzt haben, also ihr wisst schon, diese Paarsache. Das hatte auf jeden Fall was.

Die Cellistin war wie eine Pantomime geschminkt und hat auch entsprechende Mimik gezeigt. Sehr cool.Beim Centre Pompidou selbst war dann erstaunlich wenig los, einzig beim Brunnen hatte sich die kulturell angehauchtere Fraktion versammelt. Zum einen eine geschminkte Cellistin und ein Artist mit drei Glaskugeln dazu und zum anderen ein Trio, das sich mit relativ großem Geräteaufwand der ziemlich abgefahrenen elektrischen bis elektronischen Musik verschrieben hatte. Beide Gruppen haben mir ganz gut gefallen.

Aus diesem Café im Quartier Latin klangen französische Chansons live und mit Klavierbegleitung.Dann bin ich über die Île de la Cité, wo bei Notre-Dame ein paar Leute recht eindrucksvoll, aber entsprechend belagert mit Feuer hantiert haben, zum Boulevard Saint-Michel, wo ungefähr an jeder Ecke eine Rockband ihr Lage aufgeschlagen hatte. Vieles waren anscheinend Schülerbands, aber unglücklicherweise hatten die Bands mit der langweiligsten Musik die meisten Zuschauer.

Vor der Sorbonne war eine Freiluft-Technodisco aufgebaut mit schicken Lichteffekten auf den Springbrunnen dort. Das Publikum war entweder sehr jung oder sehr alt, der Mittelteil war praktisch nicht vorhanden. Müsste mal wer ne soziologische Studie drüber machen.

Wie gesagt, für Autos war die rue Soufflot, die vom Jardin du Luxembourg zum Panthéon führt, so gut wie nicht mehr zu gebrauchen.Vor dem Panthéon spielten die Bands noch dichter als auf dem Boul' Mich', zwei mussten sich quasi gegenseitig übertönen, wobei auch hier die mit der fiesen Liedauswahl das weitaus größere Publikum hatten. Autos waren auch unterwegs. Keine Ahnung, was die sich dabei gedacht haben; die Straße gehörte den Fußgängern.

Ist es ein Plattwurm? Ist es ein Tumor? Neeeeeeiiiiiin, es ist eine grobe Draufsicht des Straßennetzen von La Défense. In der Vergrößerung wird die fraktale Heimtücke dieser Todesfalle erst wirklich offenbar.Meine Oma hatte mir den Tipp gegeben, dass bei La Défense irgendwas Großes abgehen würde, also hab ich mich in den RER gesetzt und bin da hingefahren. Das heißt ich wollte es. Das Große war so groß, dass es förmlich auch noch Platz im Untergrund beanspruchte und die Station La Défense deshalb „aus Sicherheitsgründen” geschlossen war. Ich bin deswegen bis in einen Vorort namens Nanterre gefahren... nicht gut. Ich weiß nicht, ob es da immer so ist, aber die Leute gefielen mir gar nicht. Ich fühlte mich extrem fehl am Platz. Zum Glück war relativ viel Polizei vorhanden. Blöderweise hatte es wieder zu regnen angefangen und der Weg nach La Défense war alles andere als direkt. An so etwas wie Fußgänger hat wohl keiner gedacht, als das Straßennetz von La Défense entworfen wurde. Deswegen ward mir schon reichlich eklig, als ich endlich da war.

Beleuchtete Grande Arche im Hintergrund, Scheißwassertropfen im Vordergrund.Die Grande Arche war hübsch beleuchtet, aber es nieselte inzwischen wie aus Eimern, also habe ich im Schutze eines Jutebeutels meine Kamera ausgepackt, nachdem ich möglichst wenig Aufmerksamkeit der zwielichtigen Passanten beim Aufbauen meines Statives auf mich zu lenken versucht hatte. Knips, knips, Scheiße, nur noch Tropfen auf der Linse, vorsichtig trocken wischen, bringt nicht viel, schönen Dank, so macht Fotografieren Spaß. Währenddessen war das sporadische Jolen aus Richtung der anderen Seite der Grande Arche ein deutliches Zeichen dafür, dass die Sache da wirklich groß war. Wie groß sollte ich nie sehen, aber nachdem ich zuhause Namen wie Placebo auf der Programmliste gesehen haben würde, würde ich eine Ahnung haben wie groß das war. Und jetzt gibt es auch schon offizielle Zahlen: 65.000 Zuschauer sollen es gewesen sein. Geht schon.

Für mich ging es aber erstmal noch relativ ahnungslos ins Gedränge und auch nicht sehr weit. Ein Durchkommen war da nicht. Von da wo ich stand bekam ich ab und an ein Stückchen Monitor mit einem Kopf drauf zu sehen und einen Blick auf die Menschenmenge konnte ich auch nicht werfen. Das war den Regen denn irgendwie nicht wert. Und dann kamen auch noch die Penner, die ich von den Demos schon kannte und haben mal wieder ihre Mob-in-die-Menge-Nummer abgezogen. Nicht wirklich lustig. Nachdem ich fast über den Haufen gerannt wurde, hab ich mich denn vom Felde gemacht. Und als ich kurz darauf abseits des Trubels ein paar Fotos von einer (überdachten) Brücke gemacht habe, kam auch gleich ein aufgeregt joggender Trupp Polizisten vorbei und ich hörte irgendwelche Funksprüche, dass die Lage wohl nicht gut wäre. War ich froh, da so frühzeitig abgehauen zu sein!

Ich hab mich dann auf die Suche nach der nächsten offenen Métrostation gemacht. (Nachdem ich vorher schon danach gefragt wurde... ich wurde glaub ich noch nie so häufig nach einer Auskunft gefragt wie hier in Frankreich! Zum Glück konnte ich in dem Fall fundiert mutmaßen.) Und Straßennetz die Zweite, yeah! Beim Hinweg konnte ich immerhin irgendwelchen Leuten hinterherrennen. Jetzt aber waren zwar auch welche unterwegs, die schienen aber selbst keinen Plan zu haben. Irgendwo in den recht netten Straßen von Puteaux hab ich dann das Feuerwerk bei der Grande Arche gesehen, das heißt ich habe ab und ein leuchtendes Kügelchen über die Baumwipfel hüpfen sehen und ansonsten nur bunten Lichtschein und knallen erspäht beziehungsweise vernommen. War ich sauer, da so frühzeitig abgehauen zu sein!

Der Blick von meinem Brunnenplatz auf der Esplanade de la Défense aus auf die Grande Arche. Schemenhaft ist links unten im Bild der Strom von Menschen zu erkennen. Es war ein gespenstischer Anblick, zumal gleichzeitig an mehreren Stellen und auf verschiedenen Ebenen derselbe Strom immer wieder zutage trat.Naja, kannste nix machen, wa? Ich musste ja auch erstmal den Weg finden. Dass gelang mir dann auch recht bald, geregnet hat es zu dem Zeitpunkt übrigens nicht mehr und die Gegend war im Gegensatz zu Nanterre wie gesagt außerordentlich nett. Dann war ich auf der Esplanade de la Défense, wo ich hinwollte und hatte einen schönen Blick auf die Grande Arche. Ich bin auf einen komischen Brunnen geklettert, dessen Betreten verboten war, aber von dem aus man den besten Blick hatte und habe einen Haufen Fotos geschossen. Ich war guter Dinge, dass die überall herumstehende Polizei besseres zu tun hatte, denn es ergossen sich Menschenströme entlang der Straßen und über die Brücke über die Seine, es war der Hammer! Irgendwann sprang noch jemand auf meinen Brunnen und schrie förmlich zu seinem Freund: „Komm schnell her! Guck dir das hier an! Nennst du das schnell, Mann?! Guck dir nur die ganzen Menschen an!”

Die Polizisten waren mutiger als ich und haben sich direkt an den Rand über die immer noch stark befahrene Straße gestellt. Nass war es auch noch, aber sie wussten sicher, was sie da taten.Die beiden waren dann schnell wieder weg, nachdem der Menschenstrom nicht die geringsten Anstalten machte abzureißen. Dafür kamen dann irgendwann ein paar der Polizisten, die wohl auch auf den Trichter gekommen waren, dass man von hier den besten Blick hatte. Aber die machten zu meiner Freude gar keine Anstalten, wegen des bescheuerten Brunnens rumzumeckern. Im Gegenteil, der eine hat sich noch nett mit mir unterhalten, gefragt, ob ich denn schon schöne Fotos gemacht hätte und ob ich das Feuerwerk drauf hätte (*grrrrr*) und sich entschuldigt, dass er und seine Leute mir jetzt im Weg rumstünden. Ich meinte, das wäre ja nicht so schlimm, ich hätte ja schließlich schon eine Menge Fotos gemacht (was ja auch so war), hab noch schnell ein paar Fotos von Grande Arche mit Flics im Vordergrund gemacht, einen schönen Abend gewünscht und mich zu einem Métroeingang begeben...

Zumindest so nah heran, wie ich nunmal kam. Es hätte mich ja eigentlich nicht sonderlich überraschen müssen, dass der besagte Menschenstrom zu einem großen Teil auch die Idee mit der Métro hatte. Die Eingänge waren abgesperrt, sodass sich eine unbewegte Traube davor bildete. Kurz nachdem ich mich angestellt hatte, kamen ein paar Mädels, die nicht aufhören wollten, mich über Hintergrund, Art und Zweck der Aktion auszufragen, obwohl ich ihnen von Anfang an zu verstehen gab, dass ich wirklich nicht die geringste Ahnung hätte. Wie gesagt, ich muss hier irgendwie unheimlich kompetent wirken. Früher am Abend hat mich einer beim Fotografieren sogar gefragt, ob ich denn wohl ein Journalist wäre. Mit der Kamera? Da wäre es um den Berufsstand aber schlechter bestellt als ich bisher dachte. Und da ich so spontan nicht wusste, was Graswurzeljournalismus auf Französisch heißt, habe ich einfach mal verneint.

Naja, als die Schleusen dann aufgingen, war es natürlich ein riesiges Gedränge und alle waren sicher, die Treppen runtergeschubst zu werden, aber irgendwie wurde es da plötzlich lichter, sodass man bequem nach unten gehen konnte. Fahrkartenkontrollen hat man sich auch geschenkt, dabei war es unten erstaunlich leer. Trotzdem wurden wir quasi am Bahnsteig eingewiesen, dabei war die Métro nicht einmal voll, als alle drin waren. Erstaunlich. Gut, kurz nach mir wurde wieder dicht gemacht, aber trotzdem...

Vor den beleuchteten eckigen Säulen des Trocadéro haben sich ein paar Jugendliche zu Rapmusik das Mikrofon in die Hand gegeben.Ich bin dann am Trocadéro ausgestiegen, unter dem Eiffelturm durch bis zu den Invaliden und dann bei den Champs-Elysée in die Métro, denn es war offensichtlich, dass nicht mehr so wirklich viel los war. Etwas wie ein spontanes Rap-Battle am Trocadéro, obendrauf ein bisschen Afrika-Rhythmen, bei den Invaliden hatte wohl jemand eine sehr große Anlage aufgedreht. Aber ich denke die meisten hatten sich in Kneipen und Clubs verzogen. Da hatte ich keine Lust drauf, also hab ich noch ein paar Fotos der Invaliden mit Rasensprengern im Vordergrund gemacht, bis ein plötzliches PFFFFFFFFFFFFFFFFFF in meiner unmittelbaren Nähe das Signal zum Aufbruch gegeben hat.

Auf dem Weg ruft mir dann aus einem vorbeifahrenden Auto jemand etwas zu, das für meine müden Ohren wie „Hey, Prinzessin!” klang. Aber während ich noch irritiert geguckt und mich gefragt habe, was er tatsächlich gesagt haben könnte, kommt der Nachsatz: „Oh nee, du bist ja ein Mann!” Ich hatte meine Haare nach hinten gebunden und die fuhren vorne vorbei. Eigentlich hätte der Typ besser als meine langen Haare noch meinen BART sehen müssen.

Der pechschwarze Turm über dem bunten Lichtermeer von Paris sah wirklich mal gespenstisch aus.Obwohl es inzwischen zwei Uhr durch war, hab ich mir keine Sorgen wegen der Métro gemacht. Meine Oma meinte nämlich, die Métros führen in dieser Nacht durch. Das gab mir Gelegenheit zu sehen, dass die Beleuchtung des Eiffelturms um zwei Uhr abgeschaltet wird. Er flackert noch ein letztes Mal sein allstündliches Blinken, diesmal auf schwarzem Grund und dann geht zuletzt der Leuchturmstrahl aus. Übrig bleiben dann nur die roten Lichter gegen Flugzeuge, die gar nicht gegen Flugzeuge sein können, weil über Paris ein absolutes Flugverbot herrscht.

Mir ist es nie gelungen, die Lichterschau zu jeder vollen Stunde auf ein Foto zu bannen. Entweder es sah popelig aus oder völlig überstrahlt, aber nie wirkte es wie das echte Blinken. Komisch, als ich wieder zuhause war, aber noch bevor ich mir die Fotos vom Abend angucken konnte, kam mir die Idee, dass man mal versuchen müsste, den blinkenden schwarzen Turm absichtlich zu verwackeln. Nun ja, das hier ist nicht absichtlich, aber ich finde, es hat geklappt ;)Naja, durchfahrende Métros machen's möglich, dass ich das auch mal gesehen habe. Endlich nicht mehr die Wahl zwischen um 1 Uhr nach Hause oder Nachtbustortur. Als ich aber zur Métrostation komme und das Licht des Schildes da aus ist, kommen mir doch erste Zweifel. Zwei andere halten aber auch auf den Eingang zu, also alles in Ordnung... hmm, aber auch die lassen sich durch das abgeschlossene Gatter vor dem Eingang etwas irritieren. Scheiße, also doch Nachtbustortur. Zum Glück ist die Haltestelle gleich nebendran. Nach einem Studium des Plans stelle ich fest, dass alles gar nicht so schlimm ist und dass ich mit einmal umsteigen zum Porte d'Orleans komme. Zwar tun meine Füße schon ziemlich weh, aber den Fußmarsch steh ich dann auch noch durch. Doch dann fällt mein Blick auf ein anderes Papier an der Haltestellenwand, das besagt, dass in der Nacht der Fête de la Musique die Linien N11, N24 usw. nicht führen. Also sprich alle Nachtbuslinien nicht. Die Opfer! Aber zum Glück standen da grade ein paar Leute in neongelber Uniform rum, von denen einer eben in der abgeschlossenen Métrostation verschwunden war. Ich frag also einen von ihnen: „Entschuldigen Sie, wenn keine Métros mehr fahren und auch keine Nachtbusse... wie kommt man dann nach Hause?” Antwort eines Kollegen: „Taxi.” Ich hätte ihm gerne etwas im Stile von „Deine Mutter ist ein Taxi!” gesagt, aber stattdessen fragte ich gelinde gesagt besorgt: „Ist das die einzige Möglichkeit?” Nach ein bisschen Rumdrucksen meinte der, den ich eigentlich gefragt hatte dann: „Einige Linien fahren ja...” Aufkeimende Erleichterung: „Oh wirklich? Welche?” „Keine Ahnung.” Toll! Aber dann fügte er zögerlich hinzu: „Die 1 glaub ich...” „Die 1?” „Ja, die 1.” Wunderbar, es geht doch. Bedankt und ab zur 1. Die fuhr tatsächlich und dann war ich mir auch recht sicher, dass die 4, die zum Porte d'Orleans fährt, auch noch unterwegs sein würde. So war des denn auch, allerdings galt für beide Linien, dass sie nicht mehr alle Stationen anfuhren. Ich fragte mich ernsthaft, wie man wissen sollte, welche Stationen noch offen waren und welche nicht mehr. Und jetzt stellt euch mal vor, ich hätte mir ursprünglich eine Station der 1 rausgepickt, wo sie zufällig nicht mehr gehalten hätte. Ich hatte doch frustriert das Handtuch geschmissen und alle Hoffnung fahren lassen! In der 4 stellte sich dann raus, dass ich nicht der einzige war, der keine Ahnung hatte, woher man wissen sollte, wo das Ding eigentlich hält. Bei Saint-Michel schrie plötzlich eine auf: „JUHU, ICH HAB GEWONNEN, ICH HAB GEWONNEN!” „Naja, wär ja nicht so schlimm gewesen, wären wir halt bei Odéon ausgestiegen...” „ICH HAB GEWONNEN! *aussteig* *weiterfreu*”

Dann also noch ein letztes Mal die Füße in die Hand genommen und ich war zuhause. Endlich. Mann war das ein langer Abend. Aber viel erlebt habe ich :)

21.6.06, 18:49 Uhr

Piep <- Lebenszeichen

Es. Ist. EWIG her, ich weiß. Das lag ganz sicher nicht daran, dass es nichts zu erzählen gab. Im Gegenteil. Steve war hier, Dani war hier und heute Abend ist in Frankreich und anderen Ländern die Fête de la Musique, von der ich mir erhoffe, dass es eine Art zweite Nuit Blanche wird, nur dass ich diesmal meine Kamera schon habe.

Sicht auf das Bassin de la Villette von der Fußgängerbrücke aus. Damit man nicht so wahnsinnig weit rennen muss, um von einem Kino zum anderen zu kommen, gibt es einen kostenlosen Fährbetrieb.Beim Erzählen des Vergangenen fange ich zur Abwechslung einfach mal hinten an. Sonntagabend ist Dani leider wieder geflogen nachdem sie immerhin seit Dienstag hier gewesen war. Um ein bisschen auf andere Gedanken zu kommen, habe ich beschlossen, auf dem Heimweg einen Schlenker am Kino vorbei zu machen. Dafür hat sich zu meiner Freude das Kino am Bassin de la Villette angeboten. Die Ecke mag ich sehr gerne, man hat einen schönen Blick über die Wasserfläche, es ist immer ein bisschen los, aber nicht zuviel und es herrscht eine angenehme Atmosphäre. Eigentlich gibt es dort zwei Kinos, eines an jedem Ufer, wobei das zweite erst 2005 fertiggestellt wurde. Bevor die Kinos gebaut wurden, muss die Ecke wohl ziemlich heruntergekommen gewesen sein, mit Crackdealern und allem, was dazu gehört. Also so eine Art Neues Bahnhofsviertel von Paris, nur in gelungen.

Der Blick von meinem Tisch am Quai de Loire auf das Bassin de la Villette. Im Vordergrund ein ausgetrunkenes Vanillemilchshake.Ich habe mir diesmal einen Milchshake in einem der an die Kinos angeschlossenen Cafés gegönnt und auf meinen Film gewartet, während die Sonne anfing unterzugehen. Herrlich das :)

Hauptdarstellendes Auto Lightning McQueen fährt einen Steilhang hoch. Eigentlich brettert er ihn herunter, die Ziffern auf seiner Tür sind im Film auch nicht in Spiegelschrift und der Himmel oben im Bild ;)Es ging dann in Cars, den neuen Film von Pixar. Ich fand ihn ungefähr so wie das arg zurechtgemogelte Standbild links: Es ging permanent bergauf. Am Anfang dachte ich, ich bin im falschen Film, in einem computeranimierten Actionrennfilm mit Autos mit Augen, dann wurde es ruhiger, aber irgendwie tendentiell etwas lahm und gegen Ende wurde der Film dann immer besser. Eine der besten Szenen kam nach dem Abspann, andere Highlights kurz davor (Ein SUV, der mit völliger Panik in der Stimme sagt: „But I've never been off road!”, wie genial ist der Seitenhieb gegen SUV-Fahrer denn?).

Die Story ist eigentlich ziemlich verkitscht. Lightning McQueen, ein neuerfolgreiches, selbstverliebtes und egoistisches Rennauto landet in einer Pampa namens Radiator Springs an der Route 66. Dort lernt es dann die Bedeutung der Freundschaft kennen. Dafür dass die Story so ausgelutscht klingt, ist sie aber noch ziemlich gut gemacht und ich fand auch das Ende nicht völlig vorhersehbar und recht nett.

Auch die Sache mit den Autos als Charakteren funktioniert überraschend gut. Nach dem Trailer hatte ich echte Bedenken, und wäre es nicht Pixar gewesen, ich glaube nicht, dass ich mir den Film angeguckt hätte. Und tatsächlich merkt man wieder, wie viel Arbeit hier investiert wurde, um den Film so mühelos erscheinen zu lassen. Ich habe ja schonmal erwähnt, wie wichtig mir Detailverliebtheit ist und Pixar ist detailverliebt. Aber irgendwie geht die Rechnung diesmal meiner Meinung nach trotzdem nicht so auf wie bei den Vorgängerfilmen (naja, Toy Story und Das große Krabbeln fand ich auch nicht so überwältigend). Vielleicht liegt es zum Teil daran, dass der Film mir sehr auf die US-Amerikanische Kultur zugeschnitten zu sein scheint, aber ich denke es ist mehr.

Mater und Doc Hudson gucken den Abhang herunter, den 'Stickers' im Bild zuvor unfreiwilligerweise heruntergedonnert ist. Man achte auf die Kondensstreifen, die die Form von Reifenspuren haben.Das nebenstehende Bild steht meiner Ansicht nach eigentlich auch recht gut für den Film: Der Gag mit den Kondensstreifen in Form von Reifenspuren ist irgendwie subtil und nett und überhaupt... irgendwie aber auch etwas platt. Einfach so alles auf Auto gemacht (selbst die Fliegen) reicht dann irgendwie doch nicht.

Von daher, schaut ihn euch ruhig an, ist sicher ein netter Film und Pixar hat immerhin mal wieder gezeigt, dass das Animationsgenre mehr zu bieten hat als Niedliche Tierchen die Fünfundsiebzigste, aber auf der anderen Seite haben sie auch schon deutlich bessere Filme gemacht.

Hach, jetzt bin ich schon wieder bei einer Filmkritik gelandet, sowas aber auch. Ich denke, ich werde in den nächsten Tagen dann noch gänzlich filmfreie Berichte nachliefern, zum Beispiel über einen Besuch im weltgrößten Rosengarten (wobei ich an Filmen aber auch noch The Road to Guantanamo und Conversations with Other Women gesehen habe). Jetzt aber mache ich mich erstmal auf nach Paris, um mir mal anzuhören, was da so los ist. Immer noch kein iriver, erwartet also keine großen Tondokumente :/

7.6.06, 08:38 Uhr

Was für die Ohren

Kurze Meldung, bevor es zu zeitfern wird: Es gibt jetzt das erste echt französische Chanson, das Blogs behandelt! Zu finden bei Mots et couleurs, zu mir gelangt via Julie.

Live-Berichterstattung Teil 4

Ich hab drei teure Bier intus und bin morgen um 10 mit Steve verabredet, aber hier trotzdem noch kurz die Lösung des Rätsels: Steve wollte, das wusste ich sogar, vor dem Parisbesuch noch bei Felix in Schweden vorbeischauen. Genauer gesagt zwei Tage. Sein Flug dahin ging über London mit der guten Ryanair, allerdings hat die ihm eine Verspätung von einer Stunde eingebrockt. Naja, bei anderthalb Stunden Aufenthalt macht das ja nix, gelle... außer er darf nicht mehr einchecken, obwohl der Flieger erst in 20-30 Minuten geht und er nicht einmal Gepäck hat. Ärgerliche und blödsinnig bürokratische Sache das, aber naja, dann nimmt er halt das nächste Flugzeug. Klar, sagt man ihm am Schalter, das solle er tun, aber 180 Pfund wäre er dabei los (wenn ich mich recht erinnere ca. 300 Euro). Normalerweise hätte man einen kostenlosen Umtausch erwartet, schön wäre eine gewisse Rückerstattung gewesen wegen der Umstände. Aber nein, Ryanair ist nicht für verspätete Flugzeuge verantwortlich... selbst wenn es die eigenen sind. Naja, kurz: Nach diversen Versuchen, aus Trotz wenigstens einen anderen Fluggesellschaft das Geld in den Rachen zu schmeißen (und davon auch möglichst noch weniger), hat Steve frustriert aufgegeben, sich in Zug, Fähre und Zug gesetzt und war schließlich hier in Paris. Dass es ihn danach auch nicht mehr geschockt hat, sich allein durch die Stadt des grausigen Englischakzents zu kämpfen, ist ja sogar halbwegs verständlich. Aber wir haben uns trotzdem noch getroffen und am Place de la République ein paar Bier getrunken bei einem Kellner, der das Bewegen des Mundes beim Sprechen für Schnickschnack hielt. Immerhin hatte er einen Bart, in den er nuscheln konnte. Ich hab aber sogar genug Wörter verstanden, um mir die wichtigen Sachen zusammenzureimen: „Mmnmrlmbmnnlnvitemnbrlmblmbn!” heißt zum Beispiel „Trinken Sie schnell aus, wir schließen gleich.”

So, dann mal gute Nacht, damit ich morgen halbwegs pünktlich am Place de la Bastille bin. Bin schon gespannt, was ich Steve so zeigen werde ;)

6.6.06, 21:32 Uhr

Aufgetaucht!

Steve hat mich grade angerufen... auf meinem Handy *teuer* *teuer* *Stress* *Stress* Er hat sich in der gewünschten Jugendherberge einquartiert und wir treffen uns gleich in Paris... zumindest versuchen wir das. Dann lass ich mir erstmal in Ruhe die Geschichte erzählen.

Ça me casse les pieds !

20:58 Uhr. Immer noch kein Lebenszeichen von Steve. Ich weiß genau, dass unter den Seine-Brücken keine Plätze mehr frei sind. Habe Visionen von erbitterten Faustkämpfen. Hoffe Steve meldet sich bald.

Unverhofft kommt Steve

Ich war heute mal wieder im Parc de Sceaux und bin grade nach Hause gekommen um gemütlich letzte Vorbereitungen zu treffen für Steve, dessen Ankunft für morgen Mittag angekündigt war und um vorher noch das vergangene Wochenende in Burgund zu bloggen. Ich komme also nach Hause, gucke nach meinen Mails und finde das da von Steve (ich erlaube mir mal, zu zitieren):


>> Da ich ja eh an nem Mittwoch ankomme, ist mein Plan, dann die Liste
>> abzutelefonieren und einen Platz zu finden.

> Nach deiner Ankunft oder davor?

Danach. Sorry wegen FQ, mein Uplink lahm. Bin in Paris.
Frag nicht ;) Suche Obdach, hoffe Erfolg. Kannst du
anklingeln 0035**********, ich hab dann deine Nummer?

Mir sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Unter der Nummer hat sich niemand gemeldet, ich hab's jetzt mit ner SMS an die Nummer und an Steves deutsches Handy versucht. Bin sehr gespannt auf die Geschichte... Ich halte euch auf dem Laufenden, auf den Burgundbericht werdet ihr wohl noch etwas warten müssen so wie's aussieht.

2.6.06, 01:09 Uhr

The Not So Last Stand

'Papa, Papa, wer sind die ganzen Leute da?' Leider weiß man das nach dem Film auch noch nicht so genau. Aber man achte auf den bulligen Kerl rechts von Magneto. Anscheinend wird der Mensch mit dem komischen Hut jetzt auch noch zum modischen Trendsetter!Endlich war Sonne angesagt, also habe ich mich gleich nach dem Aufstehen zum Parc Montsouris begeben. Leider wurde es am Nachmittag dann wieder so schlecht, dass es allen Vorhersagen zum Trotz anfing zu regnen, als ich gerade angekommen war. Netter Park, so viel konnte ich noch sehen (z.B. mit interessanten Becken), dann hab ich die Sache vertagt, mich in den RER gepackt und bin ins Kino gefahren. Die Filme, die ich unbedingt noch sehen will, kommen nur noch sehr vereinzelt, also habe ich mich mit X-Men 3 zufrieden gegeben.

'She is my way of showing off.' sagte Regisseur Brett Ratner über sein Kätzchen. Irgendwie merkt man das im Film. Und sie guckt *immer* so wie hier. Siehe babyface2.jpg.Kann ja nicht viel schiefgehen, dachte ich mir. Und naja, vom Actionstandpunkt aus stimmte das auch. Aber so ein bisschen Plot und Charaktere darf's dann ja auch noch sein. Leider wimmelte es nur so von neuen Figuren, in denen so viel Leben steckte wie in einem Kiesel. Allen voran das Kindchenschema auf zwei Beinen „Kitty” (Kein Scheiß!), in den Comics wohl auch bekannt als Shadowcat. Das war das Mädel, auch schon in den ersten Filmen durch Wände gehen konnte, nur qualifiziert es sich als One-Film-Wonder nicht nur weil die Schauspielerin gewechselt hat sondern vor allem, weil es vorher überhaupt keine Rolle gespielt hat, diesmal allerdings plötzlich schon. So plötzlich, dass für so etwas wie Charakterentwicklung keine Zeit bleibt. *Zack* Sie ist ja soooo allein *zack* bei Rogues Freund Bobby springen die Hormone an *zack* Rogue gibt sich die Spritze (s.u.) *zack* Kitty kämpft an Bobbys Seite gegen die feindliche Mutantenarmee *Vorhang*. Applaus bitte.

Ähnlich unmotiviert ist auch die ganze Handlung des Films. Es gibt eine Chemikalie, die das „X-Gen”, das für Superkräfte zuständig ist, zerstört (Hey, wir reden hier über Fantasy!). Das finden manche Mutanten nicht so dufte und der Mann mit dem albernen Helm Magneto ruft daraufhin den Krieg gegen die gesamte Menschheit aus. Er fängt auch gleich damit an und lässt bestimmt ein halbes Dutzend Fensterscheiben zerschlagen. Daraufhin sieht der Präsident der Vereinigten Staaten rot, sagt: „Magneto will Krieg, den kann er haben!” und will dessen Organisation ausradieren. Magneto hat es sich bis dahin aber anscheinend wieder anders überlegt und will doch nicht mehr die Menschheit vernichten sondern begnügt sich mit einem groß angelegten Anschlag auf einen kleinen Mutantenjungen, mit dessen Hilfe sich die Chemikalie herstellen lässt.

Die verbliebenen guten Mutanten (sechs) überlegen sich daraufhin, dass das ja nun nicht sein darf und dass sie sich lieber von Magnetos Armee niedermetzeln lassen, anstatt ohne dahingemetzelt zu werden den Jungen nicht zu retten. Aber Achtung Filmlogik: Auch wenn es nur sechs sind, es sind ja die Guten. Eine riesiges Superkräfte-Feuerwerk folgt, die ganze Insel wird eingeäschert, Hunderte sterben, der Junge überlebt. Jetzt mal ganz objektiv, irgendwie hat's das nicht gebracht. Aber wir brauchten ja ein Showdown, gelle?

United we stand. Against whoever outnumbers us.Naja, sechs gute Mutanten gegen eine Hundertschaft von bösen, das verspricht ja immerhin ein Spaß zu werden. Wie gesagt, wie sie das überleben wollen, ist nicht ganz klar, aber lustig wird's bestimmt. Und wenn so ein Haufen von Mutanten mit Superkräften zum Angriff stürmt, dann erwartet man doch eine Szene, die man sich auf der DVD 20-mal angucken kann und man entdeckt trotzdem noch was neues! Ein Spielplatz für CGI-Fritzen und Erfinder cooler Superkräfte, nicht wahr? Tja, wollt ihr wissen, wie die sechs Guten überleben? Die angreifenden Mutanten heben sich ihre Superkräfte für schlechte Zeiten auf und prügeln stumpf drauflos wie bei einer Kneipenschlägerei, nur ohne die improvisierten Waffen. Sie werden natürlich von den Guten mühelos gefaltet und klein Christian sitzt enttäuscht im Kinosessel und nimmt von allen Plänen Abstand, sich die DVD zu kaufen.

Ein Erfolgserlebnis gönnt der Film einem aber. Ihr kennt diese Goofs-Seiten, wo Leuten auffällt, dass Statist 297 eben noch die Zigarette in der anderen Hand gehalten hat, oder? Und man wundert sich immer, wie diese Leute das schaffen, dass ihnen so etwas auffällt. Naja, einen Continuity-Goof in X-Men 3 habe sogar ich entdeckt: Magneto setzt also diese Brücke voller Mutanten auf der Insel auf und betritt diese daraufhin. So weit, so gut, nur dass sich von einem Schnitt auf den anderen die Lichtverhältnisse von „Sonneschein” auf „tiefschwarze Nacht” ändern. Wahrscheinlich wäre die fliegende Brücke nachts nicht gekommen und die brennenden Autos tagsüber nicht. Aber kann man das nicht etwas subtiler machen? Überhaupt lebt dieser Film für die Spezialeffekte hat man den Eindruck und nicht umgekehrt. Warum springt Angel durch das geschlossene Fenster, anstatt die Tür zu benutzen? Ganz klar, weil's ungleich cooler aussieht. Umso enttäuschender da das eben angesprochene Ausbleiben des richtigen SFX-Feuerwerks beim Showdown.

Vorher...Nachher. Ist die Sonne explodiert oder was?

Ex-Mystique fühlt sich nicht wohl. Anscheinend haben die blauen Bömmel auch vor Kälte geschützt.Die Bösen übrigens müssen dann natürlich auch so richtig böse sein. Bisher hatte sich Magneto ja immer noch durch eine gewisse Ambivalenz ausgezeichnet. Ich mag es, wenn Charaktere nicht nur platt böse sind. Diesmal ist er aber Megarassist und amoralisch in jeder Hinsicht. Mystique schmeißt sich für ihn in die Schussbahn der Antimutantenwaffe. Er lässt sie ohne mit der Wimper zu zucken nackt am Boden zurück: „Du bist keine mehr von uns.” Andererseits mussten sie wohl aus Kontinuitätsgründen ein kleines Stückchen Loyalität zu Charles Xavier in den dritten Teil retten. Aber auch das ist wenig überzeugend und vor allem fragt man sich dann, wie es zu dieser Diskrepanz kommt.

'Schau mir in die Augen, Kleines.' Mit diesem Blick kriegt Cyclops sogar tote Frauen rum.Zunächst dachte ich, dass der Film sich immerhin noch dadurch von einem lieblos gemachten 08/15-Action-SciFi-Fantasy-Geballer abhebt, indem echt harte Einschnitte gemacht werden. Sechs der Hauptpersonen werden im Laufe des Film dahingemetzelt oder verlieren zumindest ihre Mutantenkräfte, darunter die beiden Anführer (Spoiler? Was für Spoiler?). „Wow!” denkt man da „Endlich mal jemand, der das mit dieser Letzter-Teil-Sache ernst nimmt!” Ha! In der letzten Szene erwachen Magnetos Kräfte wieder (obwohl er die vierfache Dosis abgekriegt hat von dem irreversiblen Zeug) und in der allerletzten Szene nach dem Abspann ist Charles Xavier dann auch wieder auf den Beinen (so sehr ein Querschnittsgelähmter halt auf den Beinen sein kann). Und ich hasse diese Holzhammer-Cliffhanger, die einem in den letzten drei Sekunden des Films nochmal sagen, dass es eine Fortsetzung geben wird.

Charles Xavier und Storm. Letztere hat sich grade am Wetter vergangen.Naja, ich werd wahrscheinlich auch in X4 gehen und vielleicht lassen sie ja Bryan Singer wieder dran. Dafür dürfte Anna Paquin dann noch mehr in „nix tun und gut aussehen” aufgehen als bisher schon, wenn überhaupt. Ach ja, falls das in diesem Artikel bisher nicht so gut heraus gekommen sein sollte: X-Men 3 ist ganz nette Unterhaltung ;) Und zwei Charaktere sind gut gelungen: Storm hat diesmal deutlich mehr Profil als sonst und der blaue Diplomat ist auch nett. Oh und Patrick Stewart rockt natürlich wie immer, aber er hat ja diesmal keine sehr große Rolle.